Carneval vor 25, 50, 75 und 100 Jahren

Erstmals ein Jahrtausend - Carneval in Dammensia

Carneval 2000 – vor 25 Jahren

       Der Session voraus ging eine heftige Diskussion um die Lautstärke der Umzugs-Wagen und -Gruppen mit einer eigenen Musikanlage. Auf einer Zusammenkunft mit den Wagenbauern einigte man sich darauf, je Gruppe einen Musikbeauftragten dafür verantwortlich zu machen, dass die Höchstgrenze von 100 dB nicht überschritten würde. An einigen Messpunkten überprüfte das der Elferrat – letztlich mit Erfolg.

       Ansonsten hieß es im Motto verheißungsvoll „Mit Donnerhall und stimmungsbrausend stürmen wir ins Jahr Zweitausend!“ und das brachte nach der Sessionseröffnung an der neu errichteten Narrensäule bald eine andere Neuerung mit sich: Erstmals fanden alle Galasitzungen in der Pausenhalle des Gymnasiums mit viel mehr Raum und gestalterischer Freiheit statt. Als erster Jahrtausendprinz in der Geschichte der Dammer Carnevalsgesellschaft erschien auf der Bühne Roland I. Zerhusen mit den Adjutanten Stefan Bresser, Michael Rechtien und dem Hofnarrn Günter Hausfeld.

       Ihm folgte schon im Anschluss an die drei stimmungsbrausenden Galasitzungen ein Jahrtausend-Kinderprinz aus Rüschendorf, der nun von den Kindervätern Heinz Schmiesing und Bernard Kramer gekürt wurde: Maximilian I. Stärk, der zu Adjutanten Henning Arkenberg und Moritz Böckermann sowie zum Hofnarrn Thomas Stärk wählte. Damit war prinzlicherseits ein ausgewogenes Ost-West-Gleichgewicht hergestellt.

        In den Umzügen, mittlerweile sonntags und montags identisch, bestätigte sich der Trend der Vorjahre mit 16 Themen aus Fernsehen/Film und 20 aus der Kinder-Medien-Welt. Neu war nun, dass manche Gruppen sich von der Werbung in verschiedenen Medien anregen ließen, Natürlich handelte es sich nicht um kommerzielle Werbung, die ja im Dammer Carnevalsumzug nicht zugelassen ist. Doch wurden Werbespots oder Slogans bei diesen Gruppen gern ironisch bzw. verfremdet betrachtet – ein Trend, der in den Folgejahren durch die explodierende Medienvielfalt ständig verstärkt wurde.  

       Im Übrigen gab es im Jahr 2000 noch zwei Themenbereiche, die erkennbar Aktualität widerspiegelten. Das war zum einen bei 14 Gruppen die Jahrtausendwende in allen nur denkbaren Variationen und zum andern die Schwarzgeldaffäre in Verbindung mit Helmut Kohl, gleich 19mal gewählt. Die Häufung dieses Themas ist ein besonders kennzeichnendes Beispiel dafür, welche Bedeutung die Massenmedien mittlerweile auch für die Umzüge in Damme gewonnen hatten, zumal seit Mitte November 1999 die Medien ständig neue Details dazu aufdeckten.

        Insgesamt war die Anzahl der teilnehmenden Wagen und Gruppen jahrtausendgemäß wie seit Jahren weiter angestiegen. Das zeugte zwar von anhaltendem Engagement und größter Begeisterung, bot jedoch immer wieder Anlass zu organisatorischen Überlegungen, die einige Jahre später eine Gruppenbegrenzung nach sich zog. Doch ohne Einschränkungen feierten die Dammer Närrinnen und Narren im Jahr 2000 mit besonderer Intensität das gesamte traditionelle Sessionsprogramm vom Elften Elften bis zum Jammerkaffee-Ball und zur Urkunden- und Ordensverleihung.

Carneval 1975 ganz im Zeichen des Nachwuchses

Vor fünfzig Jahren

Es war eigentlich weniger das Motto des 361. Session der Dammer Carnevalsgesellschaft von 1614, das da hieß „Schöpft voller Wonne aus der Dammer Narrentonne!“, vielmehr die Person der gekürten Tollität, die reichen Kindersegen auf ihre Fahne geschrieben hatte: Der Gynäkologe Dr. Jopiehn verursachte dieses beherrschende Thema, da er als Ulrich II. auf der ersten Galasitzung als Prinz Carneval 1975 erschien. Zum Hofnarrn nahm er sich Hardy Schepp, zu Adjutanten Franz Hödebeck und Heinz Holtvogt.

Von den 113 gemeldeten Wagen und Gruppen, inklusive 15 Musikkapellen, hatten allein zwanzig das Prinzen-Thema in der ein oder anderen Form gestaltet: mehrere überdimensionale Kinderwagen mit vielen Kids darin, mal etwas mit „Klapperstörchen“, mal einiges zum gleichzeitig ausgerufenen „Jahr der Frau“ oder auch mit TV-Bezug als Gestaltung von Kindersendungen. Die immer häufiger auftretenden Gruppen aus den Dammer weiterführenden Schulen nahmen aus ihrem Alltag so manches auf die närrische Schippe. Immerhin spielte auch die damals vieldiskutierte Landkreis-Reform oder die Terrororganisation Baader-Meinhof eine Rolle.

Erstmals wurde der Sohn eines Präsidenten Kinderprinz, in diesem Fall Detlev Enneking als Detlev I., dessen Hofnarr Matthias Torbecke und Adjutanten Jörg Zerhusen sowie Albert Rohe waren. 1975 blieb denn der Sonntagsumzug ausschließlich ein Umzug der Kinder, teils mit gestalteten Themen-Wagen, teils in großen Gruppen bunt kostümiert. An diesem Tag fuhr nur der Kinderprinz nebst Hofstaat in ihrem eigenen Festwagen mit, während seinem „großen“ Kollegen der Rosenmontag vorbehalten war. Vor dem Prinzenwagen kündigte eine unübersehbar große Zahl tanzender Funkenmariechen das Erscheinen Sr. Tollität an. Im Saal Pröbsting hatte zwei Wochen zuvor wieder eine Galasitzung der Kinder stattgefunden.

Neben dem üblichen Sessionsprogramm gab es zwei Planungs-Sitzungen mit den Wagenbauergruppen, um die Umzüge vorzubereiten, Organisatorisches und Fragen der Sicherheit zu klären. Sie fanden in der Hofburg Kolpinghaus statt. Im dritten Jahr stellte ein Festwirt wieder ein Zelt über die Fastnachtstage auf, denn die damals noch große Anzahl an Kneipen reichte nicht mehr aus, um die vermehrt herbeikommenden auswärtigen Gäste zu versorgen.

Den Abschluss der Session bildete nach dem Jammerkaffee im Schweizerhaus, der längst als Festball gefeiert wurde, die Urkunden- und Ordensverleihung, auf dem um diese Zeit die ausgezeichneten Gruppen einen Film mit den Umzugs-Höhepunkten vorgeführt bekamen.

Se. gewählte Tollität Heinrich I. bevorzugt „Korea“, ein neuer Elferrat formiert sich, viel Nachkriegsgeschichte in den Umzügen

Dammer Carneval 1950 - vor 75 Jahren

Zwei Wahlgänge waren 1950 nötig, um den „richtigen“ Prinzen zu finden (Ergebnis: siehe Strichliste). Es wird Heinrich I. Lüdeke-Dalinghaus aus Dalinghausen, der sich als Adjutanten Gerd Schmees und Lothar Reiners und zum Hofnarrn Bernhard Wellbrock wählt. Se. Tollität erkor sich die Dalinghausen nächstliegende Gaststätte Hahnheiser in Bokern zur eigenen Hofburg, wo er mit seinem Hofstaat und weiterem Gefolge immer wieder einkehrte. Und da es dort recht wild zugegangen sein soll, bekam die Kneipe bald die damals makabre Bezeichnung „Korea“, die sie bis zu ihrem Ende in den 1990er Jahren führte. Alles rührte daher, dass in Südostasien zur gleichen Zeit der Korea-Krieg geführt wurde.

       Der Elferrat war nunmehr auf „Sollstärke“ (so das Protokoll) aufgestockt: Josef Stromann als Präsident, Joseph Vieth als sein Stellvertreter, Heini Butke als Protokollchef, Franz Hellmann als „Propagandaminister“, Hans Fortmann als Schatzkanzler, Rudi Bell als dessen Stellvertreter, Siegbert Rump als „Insignienbewahrer“, Wilhelm Mähler als „Kinderpapa“ sowie Otto Pass, Dr. Hans Friemerding und Bernhard Wellbrock mit dem Zusatz „z.b.V.“, also zur besonderen Verwendung. Damit trat im Wesentlichen eine Verjüngung und Erneuerung der tragenden Kräfte des Dammer Carnevals ein, denn nur Josef Stromann, Wilhelm Mähler und Joseph Vieth gehörten bereits dem Vorkriegs-Elferrat an.

       Auch der Kinderprinz wurde noch gewählt, natürlich von den Dammer Kindern. Es setzt sich Dirk Leiber als Dirk I. mit den Adjutanten Willi Mähler und Willi Sellmann sowie dem Hofnarrn Karl Hillenhinrichs durch. Den heutigen Wagen des Kinderprinzen „fuhr“ um diese Zeit noch die erwachsene Tollität, während der Kinderprinz eine Art Provisorium hatte. Der Sonntags-Umzug war ausschließlich den Kindern vorbehalten. Gruppen mit Erwachsenen stießen erst am Rosenmontag dazu. In den Umzügen mit insgesamt 27 Wagen und Gruppen zeigte sich viel Nachkriegs-Geschichte: die Besatzung durch die Alliierten, die Berliner Luftbrücke, die Wohnungsnot wegen der vielen Flüchtlinge, ein Panzerspähwagen der Jugend, der neue Bundespräsident Theodor Heuß, ein freier nordwestdeutscher Rundfunksender, sogar die noch nicht ganz abgeschlossene Dümmer-Eindeichung.

       Galasitzungen im heutigen Sinne gab es noch nicht. Sie werden erst ein Jahr später testweise eingeführt. Die Übergabe der Stadtschlüssel durch Bürgermeister Heinrich Wolking an Se. Tollität erfolgte vor dem seinerzeitigen Gemeindebüro im Nebengebäude Schilgen, Große Straße.

Kein Umzug, kein Prinz, keine Fastnachtszeitung, aber trotz Verbots Bälle und private Kostümfeste

Dammer Carneval 1925 - vor 100 Jahren

Nach dem Fastnachtsverbot von 1922 waren die öffentlichen Aktivitäten der Narren in Form eines Umzugs oder aller Aktivitäten im öffentlichen Raum wohl oder übel nicht mehr möglich. Der Wille, den Anlass zu feiern, war in Damme – wie sich bereits bei der Vorverlegung 1891 und im „Sportfest“-Umzug des Jahres 1922 gezeigt hatte – trotzdem da. Und so lassen sich sogar zwei Fastnachtsbälle in den hiesigen Sälen belegen: bei Tepe (nachmals Pröbsting) und bei Droste (später Kinosaal Schröder).

In einigen Privathäusern feierte man darüber hinaus eigene Kostümfeste in einem Kreis geladener Gäste.

Die offizielle Version der Carnevalsgesellschaft stellte sich jedoch so dar: Die Generalversammlung im Hause Tepe/Schierberg am 7.1.1925 verzeichnete im Protokoll ganze 11 Anwesende – selbst der Vorstand mit Josef Honkomp als Präsidenten glänzte durch Nichterscheinen. So beschloss man auch nichts weiter, sondern vertrank den letzten „Inflationsschnaps“. Die 1000 Reichsmark Guthaben der Carnevalsgesellschaft waren wegen der vorangegangenen rapiden Geldentwertung auf einen Wert von „0,00000000“ verfallen, wie es Protokollant Heinrich Droste festhielt. Das Ende des Dammer Carnevals schien nahe.